Die Freiheit unserer Gesellschaft und was der Fußball damit zu tun hat…

Eine Woche vor dem Finale der Europameisterschaft 2016 in Frankreich kann ich nicht anders und muss auch einmal über Fußball schreiben. Keine Sorge, ich werde an dieser Stelle nicht versuchen zu fachsimpeln, hierbei könnte ich eh nur gegen all die Hobbyfußballexperten verlieren. Zunächst muss ich mich outen: ich bin Fußballfan der deutschen Nationalmannschaft und das nicht erst seit 2006, sondern bereits seit meiner Teenagerzeit. Ich habe nicht einmal die Ausrede, das kam, was kommen musste, von wegen ich wurde seitens meines Elternhauses oder sonstigen Familienmitgliedern dahingehend geprägt, mich bei Fußballtunieren, ob nun Europa- oder Weltmeisterschaften, vor dem Fernseher einzufinden und mit dem deutschen Team mitzufiebern. Weder meine Eltern, noch ein anderes Familienmitglied konnten sich dafür begeistern, den Herren in kurzer Hose neunzig Minuten (oder auch länger) zuzuschauen. Also saß ich allein vor dem Fernseher. Damals gab es weder ein Public Viewing, zu dem ich hätte gehen können und es war damals auch nicht üblich, jedes Fußballspiel während einem Turnier zum Anlass zu nehmen, mit Freunden gemeinsam das Spiel zu schauen.

Einzige Ausnahme: Das WM Finale 1990; Deutschland gegen Argentinien.. Ich urlaubte damals in Griechenland und hatte die Ehre und das Vergnügen, neben deutschen und englischen Urlaubsgästen mit fußballbegeisterten Griechen (die waren natürlich für das deutsche Team) das Endspiel gemeinsam in der Hotelhalle am Strand auf Korfu zu verfolgen. Wie die Partie ausging, ist hinlänglich bekannt. So endete dieser Abend ouzolastig und sirtakitanzend und ich hatte mit den fröhlichen Griechen an meiner Seite fast das Gefühl, als habe Griechenland die WM gewonnen. Jahre später konnte ich mich dann für die griechische fußballbegeisternde Gastfreundschaft revanchieren und fieberte beim EM Endspiel 2004 gemeinsam mit den Griechen in einem griechischen Lokal in Berlin mit. Allerdings war der Abend nicht annähernd so ouzolastig, wie 1990 und Sirtaki wurde auch nicht getanzt.Das waren meine ersten Erlebnisse mit Public Viewing.

Ich begegnete dann tatsächlich Gleichgesinnten oder zumindest Leuten, die Freude am geselligen fröhlichen Beisammsein anlässlich eines Fußballspiels während eines EM oder WM Turniers fanden. Und spätestens seit 2006 sind diese Zusammenkünfte eine Selbstverständlichkeit. Ach, was ist es schön, innerhalb dieser Tunierzeiten regelmäßig auf die Freunde zu treffen. Gelingt es einem doch sonst kaum, in dieser Regelmäßigkeit mal so kurz zum Fernsehschauen sich zusammenzufinden. Es ist halt Ausnahmezustand!

Und all den Fußballgegnern, jenen, die sich genervt fühlen, die das alles für affig halten, die kopfschüttelnd die mit Deutschlandfarben bemalten Menschen und geschmückten Autos betrachten, die sich stundenlang darüber auslassen, dass man nicht verstehe, was man daran finde, dass 20 Männer hinter einem Ball her hetzen, die den Hype und die Begeisterung so gar nicht teilen, sei gesagt: die gute Nachricht ist: nächsten Sonntag ist alles wieder vorbei, die schlechte Nachricht: die nächste WM steht bereits in zwei Jahren an.

Egal ob man sich nun dafür begeistern kann oder nicht, sollten wir gerade im Hinblick auf die jüngsten Anschläge in Istanbul und in Dhaka zusammenhalten und während eines solchen Turniers die Möglichkeit nutzen, ein Zeichen über Landesgrenzen hinaus zu setzen, indem die einen es sich nicht nehmen lassen, mit Freude und Spaß den Jungens aus Europa dabei zuzusehen, wie sie mit Leidenschaft und Herzblut dem Ball hinterherlaufen und die anderen dieser Begeisterung statt mit einem Kopfschütteln vielleicht mit einem nachsichtigen Lächeln begegnen und wir so gemeinsam für die Freiheit in unserer Gesellschaft einstehen . Die Freiheit, selber zu entscheiden, ob und wie man mit so unwichtigen Dingen wie einem internationalen Fußballtunier umgeht: Ignorieren oder daran erfreuen…jeder entscheidet für sich und akzeptiert die Entscheidung des anderen, dann sind wir auf dem richtigen Weg.

 

Claudia Lekondra