Männer im Kerzenschein

Für meine Romane brauche ich Protagonisten, denen ich Leben einhauche, damit ich meine Geschichten erzählen kann. Eine Grundvoraussetzung hierfür ist, dass ich die Menschen beobachte und versuche, ihnen sehr genau zuzuhören. Das gelingt mir seit meiner Kindheit glaube ich ganz gut, so war und ist es mir möglich Charaktere zu entwickeln, mich in sie rein zu denken und sie in meinen Büchern agieren und reagieren zu lassen. Aber ich kann eben immer nur davon lernen, was ich sehe und höre; was bedeutet: Eben nur das, was die Menschen von sich im alltäglichen Miteinander preisgeben. Aber es gibt Themen, da ist es nicht so leicht auszumachen, was die Menschen wirklich bewegt. So befinde ich mich gerade in meinem aktuellen Roman an einer Stelle, wo ich mir die Frage stelle, sind Männer eigentlich romantisch? Natürlich habe ich zu diesem Thema eine Meinung, die ich aus meinen Wahrnehmungen und meinen Erfahrungen mit Männern gebildet habe, aber es ist meine Meinung, meine Wahrnehmung und meine Erfahrung, die keinesfalls bedeutet, dass diese repräsentativ und aussagekräftig ist. Die Schwierigkeit ist unter anderem einzuschätzen, ob Männer bestimmte Situationen und Momente ebenfalls romantisch empfinden oder es nur den Anschein hat. Wer antwortet schon ehrlich, wenn man beieinander sitzt (oder liegt oder läuft oder was auch immer) und gefragt wird: Findest Du es auch gerade romantisch? Jetzt höre ich schon, wie die Frauenwelt an dieser Stelle in Aufruhr gerät, weil sie mir mitteilen will, dass der eine oder andere Herzbube in genau so einer Situation durchaus in der Lage ist/war, ehrlich und höchst unromantisch zu antworten, dass er eben diesem Moment keinerlei romantische Gefühle abgewinnen kann. Männer im Beisein anderer Männer zu befragen ist auch nicht hilfreich, weil da die Wahrscheinlichkeit gegeben ist, dass Mann nicht als Weichei dastehen will und uns dann von Testosteron gesteuert verkündet: Ach Romantik, sexy Unterwäsche, leckeres Essen und wir gehören Euch. Wir brauchen keine Kerzen, Kitsch und Liebesschwüre. Puh, halt die ganz schwierigen Fälle, denn hier wäre erst einmal Aufklärung darüber zu  betreiben, dass weder Kerzen, Rosen, Rotwein noch ein offener Kamin automatisch Romantik bedeuten. Es geht nicht darum, was Du tust, sondern wie und warum. Was bedeutet Romantik, was ist romantisch in der eigentlichen Bedeutung des Wortes? Duden hierzu befragt und er klärt uns auf: gefühlsbetont, schwärmerisch, idealisierend, geheimnisvoll, malerisch, reizvoll. Erklärt sich von selbst, dass eine Kerze, eine Flasche Rotwein und ein Kamin eben nicht ausreichen, um romantisch zu sein. Schließlich kann man mit mehreren Freunden bei Kerzenschein und einer Flasche Rotwein am Kamin sitzen und es ist eben nicht romantisch, sondern gemütlich. Bei der romantischen Empfindung kommt es darauf an, mit wem, wie und eben warum man beisammen ist. Also stellte ich Männern unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Frage: Sind Männer eigentlich romantisch? So erhielt ich zum Beispiel von einem Herrn die Auskunft, dass es völlig ausreichend sei, mit dem anderen Geschlecht bei gedimmtem Licht zusammenzusitzen. Die Idee hier nun auch noch ein Teelicht oder eine Kerze anzuzünden, liege ihm eher fern. Er schätzte sich hierbei nicht als Herzblutromantiker ein, sondern empfand sich selber als eine gesunde Zwischenlösung. Auf die Frage, was er denn persönlich als romantisch empfinde, erhielt ich zwar dann die platte und weit verbreitete Antwort: Sonnenuntergänge und so, wobei auch hier der Hinweis erfolgte, dass er zwar einen Sonnenuntergang etwas abgewinnen könne und grundsätzlich die Stimmung als romantisch einstufen würde, er aber nicht die Notwendigkeit erkenne, beispielsweise während eines Strandurlaubes jeden Tag den Sonnenuntergang betrachten zu müssen. Ein Sonnenuntergang innerhalb von vierzehn Tagen reicht hier aus. Diesen Herrn würde ich mal als ansatzweise romantisch einstufen, mit ausbaufähigem Potential.

Die meisten Männer empfinden sich nicht als romantisch, sind aber – von sich selber völlig unbemerkt- durchaus als romantisch zu bezeichnen. Wenn mir mehr oder weniger zögerlich erzählt wird, dass man natürlich nicht romantisch ist, aber es käme darauf an mit wem man zusammen sei. Eine romantischere Aussage geht kaum. Wenn mir ebenfalls sehr zurückhaltend gestanden wird, dass so ein Spaziergang am Strand schon für Herzklopfen sorgt, wenn die Richtige neben einem läuft, dass es schön ist, einfach nebeneinander im Gras zu liegen und in den Himmel zu schauen, im Regen spazieren zu gehen oder einfach gemeinsam die Straße entlang zu laufen, dabei die Sonne einem ins Gesicht scheint, ein leichter Wind weht, dabei eine versehentliche Berührung… eigentlich ein belangloser Moment, den man spontan anhalten möchte und man stellt auf einmal fest oder wird darin bestätigt, der Mensch neben mir bedeutet mir etwas, ich fühle mich gut, genau jetzt…meine Herren, mehr Romantik geht kaum, auch wenn ihr Euch dessen offensichtlich selber nicht bewusst seid. Wenn es Euch nun noch gelingt, diejenige welche, die an Eurer Seite diese Gefühle bei Euch auslöst, auch daran teilhaben zu lassen und es eben nicht für Euch still und leise als Gefühlsduselei einstuft und schweigt, hätte sich die Frage „sind Männer romantisch“ für mich nie gestellt.

Ihr seid romantisch, auch wenn Ihr nicht daran denkt, Teelichter und Kerzen aufzustellen und anzuzünden. Wir Mädels zünden uns die Teelichter und Kerzen weiter selber an, schaffen dazu ein Six Pack zur Sportschau oder zu Eurem absoluten Lieblingsactionthriller ran und weinen mit Euch gemeinsam beim Gladiator. Wenn das nicht romantisch ist!!!

Zu guter Letzt dann doch noch eine persönliche Anmerkung von mir zum Thema Romantik, aus Sicht einer Frau halt: Romantik ist auch ein Stück weit Sehnsucht, trägt sich durch Spontanität in kleinen Gesten und Ungewissheit, um mit den Worten von Anselm Vogt zu schließen: Der Romantiker erreichte sein Ziel, denn er kam niemals an.

 

Claudia Lekondra