durch die Vernunft existiert er nur. Was für ein Satz von Nicolas Chamfort. Aber ist dem so? Stellt sich erst einmal die Frage, was man unter Leidenschaft versteht. Hierzu mal wieder den Duden befragt, erklärt dieser die Leidenshaft so:
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„sich in emotionalem, vom Verstand nur schwer zu steuerndem Verhalten äußernder Gemütszustand (aus dem heraus etwas erstrebt, begehrt, ein Ziel verfolgt wird)
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große Begeisterung, ausgeprägte [auf Genuss ausgerichtete] Neigung, Passion für etwas, was man sich immer wieder zu verschaffen, was man zu besitzen sucht, für eine bestimmte Tätigkeit, der man sich mit Hingabe widmet,
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sich in starkem Gefühl, in heftigem, ungestümem Besitzverlangen äußernde Zuneigung zu einem Menschen.“
Leidenschaft ist also nicht logisch. Um sie zu spüren und zu leben, muss man sie zulassen, den Verstand ab und an zurückdrängen. Nichts bereuen, nicht immer alles erklären, sondern dieses Gefühl annehmen und leben. Man kann Leidenschaft in Verbindung zu einem Menschen empfinden und leben, oder zu einer Sache, wie Musik, Schauspiel, Lesen, Schreiben, Tanzen, Sport und manchmal sogar für die Arbeit. Leidenschaft bedeutet Spaß, Kraft, Antrieb und pure Freude ohne Gegenleistung. Ich schreibe aus Leidenschaft, ich fotografiere aus Leidenschaft und ich tanze aus Leidenschaft. Dies sind alles Dinge, die ich auch ohne Gegenleistung immer tun werde. Also Dinge, mit denen ich weder unbedingt Geld verdiene, noch hierfür ständig Anerkennung erfahre. Ebenso verhält es sich mit der Leidenschaft in Verbindung zu Menschen. Man kann für eine Person eine romantische Leidenschaft empfinden, ohne dass diese erwidert wird. Es beginnt meistens mit einer Anziehungskraft, daraus entwickelt sich eine Spannung, die von einer gewissen Distanz und dem Reiz des Unbekannten lebt. Es gibt romantische leidenschaftliche Verbindungen zwischen zwei Personen, die beidseitig empfunden werden und denen es gelingt, eine Vertrautheit zu entwickeln und sich dennoch die geheimnisvolle Distanz und Spannung zu bewahren. Und dann gibt es die leidenschaftliche Verbindung zu Menschen außerhalb von romantischen Gefühlen. Hierbei geht es oftmals um den Zusammenhang mit einer gemeinsamen Tätigkeit, um die Art der Verbindung zu einem Menschen, denn Leidenschaft hat immer etwas mit Verbindungen zu tun. Es geht um das Miteinander. Es geht hierbei nicht um das Warum, sondern darum sich gut zu fühlen, es geht um das Was, nicht um das Wie. Menschen, die einen begeistern, die etwas in unserem Leben bewirken, die uns inspirieren. Es geht um ein gutes Gefühl bei richtiger Dosis.Und manchmal verbinden sich die beiden Arten der Leidenschaften miteinander.
Leidenschaft ist ein Gefühl, das auftaucht und gelebt werden will. Leidenschaft hat eine eigene Sprache. Leidenschaft geht in die Tiefe. Vielleicht ist diese Tiefe, dieses Gefühl etwas nicht wirklich kontrollieren zu können, weil die Vernunft hierbei verloren geht, der Grund, dass Menschen mit ihrer Leidenschaft nicht umgehen können, dass sie dieses Gefühl nicht einfach genießen, weil sie immer und immer wieder versuchen, es zu steuern, anstatt es einfach zuzulassen und sich daran zu erfreuen. Einfach dem Leben so etwas Würze geben, es etwas bunter machen, damit sich das Leben auch außerhalb der Leidenschaften besser anfühlt.
Durch die Leidenschaft lebt der Mensch, da stimme ich Monsieur Chamfort zu. Durch die Vernunft existiert er nur? Wenn man das Wort „nur“ weglässt, würde ich auch hier mit ihm übereinstimmen.
Also tanzt und singt, malt und liebt und was auch immer in Euch die Leidenschaft weckt. Wahre Leidenschaft überdauert kurzfristige Begeisterung.
Claudia Lekondra